unvorhergehört / projekt 2.03
konzert 03
uwe dierksen | posaune
07 dezember 2008 | 19:45 uhr (einlass 18:30 uhr)michael struck-schloen | moderation
eine produktion von
in kooperation mit
50678 köln
karten
vvk: 10 euro zzgl. vvk-gebühren | ak: 15 eurokartenreservierung
anfahrt und lage
programm
07. dezember 2008
uwe dierksen | posaune
hector moro | rockaby (1995-96)
arnulf herrmann | roor (2005)
- pause -
uwe dierksen | solo 1
hector moro | shadows (2005/6)
johannes maria staud | incipit 2 (2001-02)
uwe dierksen
biographie
Biographie
Uwe Dierksen, geboren 1959, studierte Posaune in Hannover, Hamburg und London.
Seit 1983 ist er Posaunist im Ensemble Modern (Solistenensemble für zeitgenössische Musik) und arbeitet seitdem mit namhaften Musikern, Komponisten und Dirigenten zusammen.
Zahlreiche Kompositionen sind für ihn geschrieben und von ihm uraufgeführt worden. Er spielte über 20 CDs ein, davon etwa ein Drittel als Solist.
Er war Gastprofessor und Dozent an der Hochschule der Künste in Bremen und ist Dozent bei den Internationalen Ferienkursen in Darmstadt sowie bei den Meisterkursen Impuls in Graz.
Als international konzertierender Solist spielte Uwe Dierksen u.a. mit dem Arditti Quartett, dem Bayerischen Rundfunksinfonieorchester, dem Österreichischen Sinfonieorchester, dem Museumsorchester Frankfurt, dem Opernorchester Frankfurt, dem Ensemble Modern in der Tokio City Opera, dem Orchester des Saarländischen Rundfunks, dem Niederländischen Rundfunkorchester und dem Konzertorchester Lissabon/Portugal, dem Mitteldeutschen Rundfunk und dem Scharoun Ensemble (Berliner Philharmoniker).
In der Saison 2005/2006 spielte er unter anderem die Uraufführung von incipit III (esquisse retouchée II) von Johannes Maria Staud für Soloposaune und Orchester mit dem WDR Sinfonieorchester, die Uraufführung von roor für Soloposaune von Arnulf Herrmann und war Solist in nun von Helmut Lachenmann mit dem Ensemble Modern Orchestra. In Zusammenarbeit mit den Studenten der Klasse von Prof. Heiner Goebbels entstand die Uraufführung eines inszenierten Abends für Posaune solo bei den Internationalen Ferienkursen Darmstadt.
2006 war Uwe Dierksen Posaunist in Residence an der UDK Berlin (Universität der Künste Berlin).
2007/8 Konzert für Posaune und Orchester von Johannes Maria Staud unter anderem mit dem Bayerischen Rundfunksinfonieorchester und dem ORF Orchester im Musikverein Wien.
der interpret
»Virtuoser Gesang der Rohre« – der Posaunist Uwe Dierksen
Anders als so manches auf der Geige oder am Klavier gedrilltes „Wunderkind“ dachte Uwe Dierksen lange Zeit kaum daran, das Musizieren später einmal zum Beruf zu machen. Zwar wuchs der 1959 in Hannover geborene Posaunist, der heute als festes Mitglied des Ensemble Modern (dem er seit 1983 angehört) und als regelmäßig auftretender Solist längst zu den etablierten Interpreten der Neue-Musik-Szene zählt, in einem, wie er sagt, „der Musik durchaus nicht abgeneigten“ Elternhaus auf (so spielte der Vater Posaune, und auch ein Klavier war stets im Haus). Doch die „klassische“ Musik war für ihn, der sich eher für Pop und Rock interessierte, zunächst marginal. Dass er überhaupt zur Posaune kam und bei ihr blieb, lag dann vor allem daran, dass es an seinem Gymnasium einen engagierten Musiklehrer gab, der als Leiter des Jugendblasorchesters Hannover stets auf der Suche nach Bläsern war und dem es gelang, Dierksen für sein Ensemble zu gewinnen. Das Spiel auf der Posaune, deren besonderer Klang und melodische Flexibilität Dierksen schnell faszinierte, wurde ihm hier bald zur liebsten Freizeitbeschäftigung, zumal sich im Blasorchester Gleichgesinnte und
Freunde fanden, mit denen sich alle Musikstile und -richtungen wunderbar durchprobieren ließen. Und auch in der Big Band, in der er später zeitweilig spielte, war die Musik zunächst noch ein vor allem unterhaltsames, aber durchaus ernsthaft und leidenschaftlich betriebenes Hobby.
Dass das Musikmachen auch eine berufliche Perspektive bieten kann, wurde Dierksen eigentlich erst während seiner Studienjahre bewusst. In seiner Heimatstadt Hannover hatte er ein Medizinstudium begonnen, parallel dazu aber auch ein Posaunenstudium aufgenommen, das er später in Hamburg und als Gaststudent in London fortsetzen sollte. Aus dieser mehrere Semester andauernden Zweigleisigkeit entwickelte sich bald ein klassischer Gewissenskonflikt: auf der einen Seite die Perspektive des Arztberufs mit einem sicheren finanziellen Auskommen, andererseits die Chance, als Berufsmusiker das Posaunespielen ganz in den Mittelpunkt des Lebens zu rücken. Einfach gemacht hat er sich diese Entscheidung nicht, zumal er von vornherein eine Laufbahn als Orchestermusiker kategorisch ausschloss. Die schematischen Lehrpläne des Medizinstudiums und die gesellschaftlich gängigen Bilder von den „Göttern in Weiß“ liefen jedoch seinem Drang nach künstlerischer Selbstverwirklichung ebenso zuwider, weshalb er schließlich das Medizinstudium abbrach, sich ganz auf die Posaune konzentrierte.
Der Weg zur Neuen Musik war dabei mehr oder weniger vorgezeichnet: Zum einen fühlte sich Dierksen dem Bereich der klassisch-romantischen Musiktradition nie so verbunden, wie es für einen klassischen Orchestermusiker wohl angebracht gewesen wäre. Zum anderen ist die solistische und kammermusikalische Literatur für Posaune in diesen Epochen äußerst dünn gesät. In der zeitgenössischen Musik dagegen, und ebenso in den Übergangsbereichen hin zu Pop und Rock, sah er die besten Möglichkeiten, mit dem Potential der Posaune zu experimentieren, sich durch das immer wieder Neue die so wichtigen Momente der Über-raschung und des Lernens zu bewahren.
Waren die Studienjahre durch Zweifel und die Suche nach dem richtigen Weg geprägt, so ging dann im Jahr 1983 plötzlich alles ganz schnell: Beim seinem Abschlusskonzert an der Hannoveraner Musikhochschule war die Oboistin des Ensemble Modern anwesend, und da dieses gerade einen Posaunisten suchte, sorgte sie dafür, dass Dierksen ein Vorspiel bestritt – woraufhin man ihn prompt fest engagierte. Seither bildet die Arbeit mit dem Ensemble Modern den Mittelpunkt im Wirken Uwe Dierksens. Daneben tritt er aber auch immer wieder erfolgreich als Solist in Erscheinung, sei es in Solokonzerten mit Orchestern wie dem Sinfonieorchester des Bayerischen Rundfunks oder dem WDR Sinfonieorchester Köln, mit Kammermusikformationen wie dem Arditti Quartet oder im Rahmen von Soloabenden wie im Alten Pfandhaus.
Für einen Künstler wie Uwe Dierksen, der stets neue Herausforderungen sucht, liegt es nahe, es nicht allein bei der Interpretation „fremder“ Notentexte zu belassen, sondern die Möglichkeiten des Instruments auch über die Improvisation und mit eigenen kompositorischen Projekten auszuloten. Dabei greifen für ihn beide Bereiche eng ineinander, ja sie lassen sich kaum sinnvoll voneinander trennen. Oftmals entstehen seine Notentexte überhaupt erst aus dem Improvisieren, und umgekehrt ergeben sich aus dem fixierten musikalischen Material neue Impulse zur Improvisation. Statt ausgetüftelte Kompositionssysteme zu entwerfen, konzentriert sich Dierksen eher intuitiv darauf, wie er sagt, Melodien „in ihrem Kern zu erfinden“ und ihr Potential möglichst ohne abgegriffene Floskeln oder klischeehaften Gestus auszureizen.
Dabei geht sein Interesse über das nur für sich stehende Werk hinaus, richtet sich sein Blick doch immer auch auf den dramaturgischen Kontext, in den dieses jeweils eingebettet ist. So entstand sein Stück posaune und tape 1 nicht allein aus dem Wunsch heraus, den Instrumentalklang mit den Mitteln zugespielter Elektronik, die gegenüber den improvisatorischen Momenten des Stücks einen fixierten, also „auskomponierten“ Widerpart bildet, zu erweitern. Ebenso maßgeblich war die Vorstellung, mit dem Stück eine Art Introduktion zu rockaby von Héctor Moro zu schaffen, das heute Abend nahtlos daran anknüpfen wird.
Dierksens solo 1, zunächst ganz aus der Improvisation heraus entstanden, ist dagegen vollständig notiert.
Andreas Günther
die komponisten
Hector Moro: rockaby / shadows
Uwe Dierksen und der aus Chile stammende, heute in Berlin lebende Komponist und Schlagzeuger Héctor Moro lernten sich 1997 beim zweiten Nachwuchsforum für junge Komponisten des Ensemble Modern kennen. Dierksen brachte damals Moros Stück rockaby für Solo-Posaune und kleines Ensemble zur Uraufführung, von dem auch eine Fassung für Posaune solo existiert. Der Titel rockaby verweist noch auf die ursprüngliche Absicht, das gleichnamige Stück von Samuel Beckett zu vertonen. Geblieben ist davon neben dem Titel allein das vom Posaunisten – erstmals kurz vor dem Eintritt des Ensembles – möglichst deutlich ins Rohr zu sprechende Wort „more“, das in Becketts Stück wie eine Art „Leitmotiv“ in Erscheinung tritt. Das musikalische Material des Werks geht auf zwei Takte aus dem 6. Satz (danse de la fureur pour les sept trompettes) von Olivier Messiaens quatuor pour la fin du temps zurück, die in der Ensemblefassung auch zitiert werden. Für die selbständig aufführbare, etwa fünfminütige Solofassung löste Moro den einleitenden Posaunenpart aus dem ersten Teil des Ensemblestücks heraus. Ausgehend von einer Tonhöhe wird hier durch rhythmische Modifikationen (durch „serielle“ Addition bzw. Subtraktion von Tondauerwerten) und den Einsatz von Glissandi eine Annäherung an das erwähnte Zitat versucht. Die präzise ausdifferenzierten rhythmischen Werte, dynamischen Abstufungen und Spieltechniken sowie die sich immer wieder herausformende latente Mehrstimmigkeit, die im Klangbild zuweilen improvisatorische Züge suggerieren, verlangen
vom Interpreten ein Höchstmaß an Konzentration.
Im Gegensatz zum rein instrumentalen rockaby treten in shadows (dessen Titel dem gleichnamigen Film von John Cassavetes entlehnt ist) dem Posaunenklang auch elektronische Einspielungen gegenüber. Das zugespielte Material beruht zum einen auf einer „improvisierten“ Zelle von einer Sekunde Dauer, die anschließend mit elektronischen Mitteln bearbeitet und in Loops (d.h. elektronisch erzeugte Wiederholungen) gebracht wurde. Darüber hinaus wird die zum Teil improvisierende Live-Posaune von zwei aufgezeichneten Instrumenten, einer elektrischen Gitarre (gespielt von Dave Bennett) und einem Mallet Midi Trigger (gespielt von Héctor Moro), begleitet. Alternativ kann shadows auch als Trio mit drei Live-Instrumenten gespielt werden.
Andreas Günther
Arnulf Herrmann: roor
Arnulf Herrmann, 1968 in Heidelberg geboren, konnte sich in den vergangenen Jahren recht erfolgreich als Komponist in der Neue-Musik-Szene etablieren. Dazu beigetragen hat sicherlich auch die Zusammenarbeit mit dem Ensemble Modern (2004 war er Teilnehmer des Internationalen Kompositionsseminars des Ensemble Modern), über die er auch Uwe Dierksen kennenlernte. Für ihn schrieb Herrmann 2005 das Solostück roor, ein Werk, das bestimmte bautechnische und klangliche Eigenschaften der Posaune kompositorisch reflektiert und sich so musikalisch-poetisch dem „Körper des Instrumentes“ annähern, ja über die Weiterentwicklung und Zuspitzung bestehender Techniken eine „extreme Verschmelzung zwischen Spieler und Instrument“ (Herrmann) erzielen soll.
Zwei Sichtweisen auf das Instrument waren dabei wesentlich. Die eine fokussiert den Umstand, dass die verschiedenen Tonhöhen bei der Posaune auf unterschiedlichen, über den Zug einstellbaren Rohrlängen gründen (so gibt es elf verschiedene Positionen des Zuges für die
elf im Halbtonabstand positionierten Grundtöne). Entsprechend kann man die Posaune, so Herrmann, „als eine Art Orgel, als ein Bündel verschiedener Rohrlängen betrachten“. Die an-dere Perspektive, die sich auf die Möglichkeit der stufenlosen Tonhöhenveränderung bezieht, fasst die Posaune nicht als virtuelles Bündel diskreter Instrumente (bzw. Rohrlängen) auf, sondern als „einen verformbaren Körper, eine in der Größe variable Blase“.
Aus diesen Ansätzen leitete Herrmann zwei poetische Ideen ab, die in roor musikalisch zum Tragen kommen. Die eine ist die Vorstellung einer „Art Gesang der Rohre“, auskomponiert in girlandenartigen Geweben, wobei die Zwischenräume zwischen den in der Posaunentechnik üblichen elf Grundtönen durch vierteltönige Zugpositionen weiter unterteilt sind, sodass der Posaunist nun gleichsam über 21 „Rohre“ verschiedener Länge verfügt. In hohem Tempo werden stets mehrere Töne auf einer Zugposition gespielt, dazwischen schaltet der Posaunist jedoch im raschen Wechsel über den Zug auf andere „Rohre“ (Grundtöne) um.
Die zweite auskomponierte Idee betrifft die körperlich-räumliche Dimension des Glissandos, die auch Einfluss auf den musikalischen Verlauf nimmt: „Das enorm Körperliche eines Posaunenglissandos“, so Herrmann, „liegt unter anderem in der Tatsache begründet, dass sich […] tatsächlich während des Glissandos der gesamte Körper mit verformt (wie ein
sich aufblasender und zusammenziehender Ballon). Die Größe der schwingenden Luftsäule schwankt hierbei enorm. Dieses Sich-Zusammenziehen und Sich-Weiten habe ich auskomponiert: ein musikalischer Verlauf, der zum Ausgangspunkt nimmt, welches Volumen in welcher Zeit durchschritten wird – und wie groß oder wie klein der klangerzeugende Körper ist.“» top
Andreas Günther
Marcus Antonius Wesselmann: solo 11
Wie Arnulf Herrmann reflektiert auch Marcus A. Wesselmann in seinem für Uwe Dierksen geschriebenen solo 11 die spieltechnischen und klanglichen Besonderheiten der Posaune. Freilich nicht mit dem Ziel, traditionelle Arten des Posaunespielens zu bedienen, sondern um im Gegenteil – gemäß seines Ideals, den Gebrauch des Instruments stets aufs Neue zu erfinden – vorgefertigte Muster aufzubrechen und mit bislang unerprobten Spielweisen zu experimentieren. Wesselmanns Vorliebe für präzis kalkulierte, über kombinatorische Verfahren gesteuerte Prozesse kommt auch hier zum Tragen. Ausgehend von einer fixen Tonskala und auf der Grundlage von definierten Phasen unterschiedlicher Dauern, denen jeweils charakteristische Spieltechniken (wie Glissando, Flatterzunge oder Einsatz des Dämpfers), Artikulationsarten (z.B. Akzente) oder auch bestimmte Tonlagen zugeordnet sind und die mittels eines kombinatorischen Verfahrens aneinandergereiht und geschichtet werden, bringt Wesselmann einen groß angelegten Prozess der Materialverdichtung in Gang. Damit schließt er nicht nur Redundanzen (also Wiederholungen von Materialien gleicher Gestalt) aus, sondern ermöglicht zugleich ganz unerwartete, ja unorthodoxe Kombinationen von Spiel- und Artikulationsformen, deren Überlagerungen vermeintlich zufällig zustande kommen, die tatsächlich aber über die zugrunde liegende Kombinatorik gesteuert werden. Das Stück, das den Interpreten konditionell und technisch aufs Äußerste fordert, kommt so einem gewagten naturwissenschaftlichen Experiment nahe: Das Spektrum der angewandten Spieltechniken erscheint zunächst in seine einzelnen Bestandteile zerlegt, die dann – ihres traditionellen Kontextes enthoben und voneinander isoliert – quasi voraussetzungslos und gleichsam seriell miteinander kombiniert und in völlig neue Zusammenhänge gebracht werden.-» top
Andreas Günther
© universal edition
Es sind immer wieder außermusikalische Impulse oder Einflüsse, die Johannes Maria Staud zu seinen Kompositionen inspirieren. Dazu zählen neben Anregungen aus der Bildenden Kunst, der Botanik oder auch konkreten zeitgeschichtlichen Ereignissen vor allem Anstöße aus der Literatur, wie etwa im Fall von esquisse retouchée (incipit II). Das Werk ist Teil einer inzwischen auf drei Kompositionen angewachsenen Reihe, für die der lateinische Begriff des „Incipits“ den Ausgangspunkt bildete. Italo Calvino lässt in seinem Roman Wenn ein Reisender in einer Winternacht den Schriftsteller Silas Flannery folgenden Gedanken formulieren: „Das epische Faszinosum, das in den Anfangssätzen der ersten Kapitel so vieler Romane im Reinzustand auftritt, verliert sich sehr bald im Fortgang der Erzählung: Es ist die Verheißung einer Zeit der Lektüre, die sich vor uns erstreckt und alle möglichen Weiterentwicklungen in sich aufnehmen kann. Ich wünschte, ich könnte ein Buch schreiben, das nur ein Incipit wäre, ein Buch, das sich über seine ganze Länge hin die Potentialität des Anfangs bewahrt: die noch gegenstandslose Erwartung.“
Staud leitete aus diesen Sätzen die Idee ab, analog „ein Stück zu komponieren, das sich über seine ganze Länge hin die Potentialität des Anfangs bewahrt, also ein einziges, andauerndes Incipit darstellt“. So entstand zunächst das Uwe Dierksen gewidmete incipit für Altposaune und fünf Instrumente, aus dem dann esquisse retouchée (incipit II) für einen Soloposaunisten und zuletzt das ebenfalls Dierksen gewidmete incipit III (esquisse retouchée II) für Posaune solo, Streichorchester, 2 Hörner und Schlagzeug hervorgingen. Obschon Staud jeweils verschiedene Elemente der Vorlagen in die neuen Kompositionen einfließen ließ, sind die Implikationen, die er aus der keimhaften (und allen drei Werken zugrunde liegenden) Introduktion zog, in den drei Stücken ganz verschieden: „[…] die Musik entwickelt sich in Regionen“, so Staud zu incipit II, „in die incipit niemals vorgedrungen ist, die Gewichtungen
sind völlig neue. Das alte Stück diente mir allerdings als eine Art Skizze, die ich immer wieder berührte, ummodelte, aus der ich kleine Teile extrahierte und sie mit anderen, diesen früher fernliegenden, in Reaktion treten ließ.“
Wie in einigen anderen seiner Werke stellt Staud auch hier vermeintlich Unvereinbares nebeneinander, indem er den Posaunisten im Schlussdrittel des Stücks zusätzlich eine Bass-Drum spielen und vokale Einwürfe artikulieren lässt. „Das Konzept des Solostücks“, so Staud, „wird dadurch, obwohl nach wie vor nur ein Interpret die Bühne bevölkert, von innen aufgebrochen. Es treten Elemente hinzu, die […] zwar so nicht ‚erwartet‘ werden, dennoch aber bloß der Verdeutlichung von Vorgängen, die in der Posaunenstimme selbst passieren, dienen. Dazu angeregt wurde ich wohl auch durch meine Faszination für jene Straßenmusiker, die auf mehreren Instrumenten gleichzeitig in oftmals virtuosester Weise zu musizieren verstehen.“» top
Andreas Günther